Die stark vergletscherten Berner Alpen bilden eines der herausragendsten Gebirgsmassive der Alpen. Zwischen dem Berner Oberland im Norden und dem Rhonetal im Süden erreichen die Hauptgipfel über 4.000 Meter. Die alpenweit längsten Eisströme, Aletsch- und Fieschergletscher, geben der Landschaft einen besonderen Reiz. Die hier vorgestellte Durchquerung der Berner Alpen vom Jungfraujoch zum Grimselpass ist eine anspruchsvolle, sechstägige Hochtour. Firngrate, weite Gletscher und die ein oder andere Felspassage wollen gemeistert werden.
Schreckhorn (4.078 m, links) und Lauteraarhorn (4.042 m, rechts) von der Mönchsjochhütte aus gesehen. Über beide Gipfel führt eine anspruchsvolle Überschreitung.
Tag 1: Grindelwald Grund - Jungfraujoch - Mönchsjochhütte - Mönch - Mönchsjochhütte
Um 07.25 Uhr verlässt die weltberühmte Jungfraubahn den Bahnhof in Grindelwald Grund Richtung Jungfraujoch (3.454 m). Gemeinsam mit zahlreichen TouristInnen begibt man sich in hochalpine Gefilde. Die Bergstation mit dem Sphinxstollen wirkt surreal und für Erstbesucher ist es gar nicht mal so trivial, den richtigen Ausgang zur Mönchsjochhütte zu finden. Halten Sie Ausschau nach den entsprechenden Markierungen.
Der Aufstieg zur Mönchsjochhütte (3.657 m) führt entlang einer Ratrak-Spur. Auf Anseilen kann hier getrost verzichtet werden. Die Mönchsjochhütte, insbesondere deren Bewirtschaftungsteam, muss leider als Negativerfahrung gewertet werden. Unpersönlichkeit und mangelnde Alpinkompetenz kennzeichnen diesen Ort und seine Leute.
Unweit der Hütte (südwestlich) befindet sich der Einstieg zum Südgrat des Mönch. Die Route zum Gipfel ist eine kombinierte Tour mittlerer Schwierigkeit (UIAA II, Firn bis ca. 45°) und eignet sich bestens um sich an die Herausforderungen der kommenden Tage zu gewöhnen. Im Einstiegsbereich gibt es zwei Varianten, die leichtere befindet sich links der Kante im gestuften Gelände, die schwierigere überwindet den ersten Aufschwung direkt. Über Schutt und Schnee gelangt man höher bis zum Ombrometer, anschließend im Wechsel zwischen Fels (teilweise UIAA II) und Firn hinauf zum Gipfelgrat (zuletzt Eisenstangen zur Sicherung). Der Gipfelgrat selbst wird je nach Spuranlage oder Vorliebe direkt oder etwas links unterhalb begangen. Der direkte Gang ist exponierter, bietet dafür bessere Sicherungsmöglichkeit (Sprungseil). Abstieg auf selber Route. Keinesfalls sollte der Mönch unterschätzt werden. Besonders bei langsamen Vorwärtskommen und/oder hohen Temperaturen werden die Firnpassagen unangenehm weich, was die Rutschgefahr erhöht.
im Aufstieg am Gipfelgrat des Mönch.
Blick vom Gipfel zurück zum Aufstiegsweg. Nicht immer verläuft die Spur direkt am Grat.
Abstieg zur Mönchsjochhütte. Besonders bei durchfeuchtetem Schnee sollte man besonders Acht geben.
Tag 2: Mönchsjochhütte - Jungfrau - Mönchsjochhütte
Die Besteigung der Jungfrau (4.158 m) ist eine spannende Sache. Am Normalweg von Süden entscheiden die Verhältnisse über Genuss und Sicherheit. Hat man den Bergschrund östlich des Rottalhorns überwunden, geht's unterhaltsam im Fels (eine kurze Stelle UIAA II) hinauf zu P.3506, wo ein einfacher, nach Westen ansteigender Firnrücken bis in ein kleines Becken unterhalb des Rottalhorns führt. Das folgende kurze Steilstück hinauf zum Rottalsattel (3.885 m) kann unter Umständen heikel sein. Ab dem Rottalsattel wird der Charakter der Route ernster. Vorwiegend in Absturzgelände führt die Route über einen steilen Firn-/Eisrücken zu den Gipfelfelsen. Knapp oberhalb des Rottalsattels ist eine Querung nach links zu meistern (eine Sicherungsstange, zusätzliche Eisschrauben nach Empfinden und Verhältnissen), anschließend gelangt man im Bereich mehrerer Sicherungsstangen höher.
Der Abstieg bis unterhalb des Rottalsattels erfolgt über die Aufstiegsroute. Im Flachstück entscheidet man den weiteren Weg. Entweder zurück zum Einstieg entlang der Aufstiegsroute oder - kürzer und wesentlich steiler - über Gletschergelände nach Nordosten. Entscheidet man sich für den Steilabstieg ist es essenziell, über die Bedingungen informiert zu sein. Eventuell muss über Gletscherspalten abgeseilt werden.
Im unteren, felsigen Abschnitt der Normalroute auf die Jungfrau.
Rottalsattel mit Gipfel. Ab dem Sattel wird's anspruchsvoller.
Blick über den Jungfraufirn zum Finsteraarhorn.
Blick vom Rottalsattel zu Eiger (links) und Mönch (rechts).
Bei Blankeis ist der Gipfelanstieg heikel. Wir hatten gute Verhältnisse mit Trittfirn uund nur vereinzelt blanken Passagen.
Gipfelpanorama mit Konkordiaplatz und Aletschhorn.
Der Direktabstieg ist steil und stein-/eisschlaggefährdet. Gutes Abschätzen der Verhältnisse und rasches Vorwärtskommen ist erforderlich.
Tag 3: Mönchsjochhütte - Konkordiaplatz - Grünhornlücke - Finsteraarhornhütte
Für den Übergang zur Finsteraarhornhütte gibt es (im Sommer) zwei Möglichkeiten:
1) Den Weg über den Walchergrat (UIAA II, Firn bis 50°) zum Großen Fiescherhorn (4.049 m) und jenseitiger Abstieg (UIAA II) zum Fieschersattel (3.923 m). Weiter über den teilweise stark zerklüfteten Walliser Fiescherfirn hinab zum Fischergletscher und 100 Hm Anstieg zur Hütte. Besonders die Bruchzone zwischen 3.600 m und 3.300 m erfordert entsprechende Verhältnisse. Erkundigung vorab unabdingbar.
2) Abstieg über den Jungfraufirn zum Konkordiaplatz und Übergang via Grünhornlücke (3.279 m) zum Fischergletscher. 100 Hm Anstieg zur Hütte. Im Sommer sind die Gletscher unterhalb 3.000 m meist aper (Stand 7/2017). Die Hauptschwierigkeit dieser Route ist unter Umständen die Querung des Gletscherbachs im Bereich des Konkordiaplatz. Der Abstieg von der Grünhornlücke zum Fieschergletscher führt durch eine unangenehme Spaltenzone.
Der im Winter viel benützte Übergang über den Fieschersattel ist aufgrund zunehmender Steinschlaggefahr nicht zu empfehlen.
Die ideal gelegene und schön restaurierte Finsteraarhornhütte (3.048 m) ist ein Juwel von einer Berghütte. Hier treffen sich ausschließlich BergsteigerInnen. Das Hüttenteam ist freundlich, die Speisen gut. Der Hüttenwirt gibt profunde Auskunft bei Fragen zu Routenführung und Verhältnissen.
Die Mönchsjochhütte vor dem Aufbruch.
Am "aperen" Gletscher, unterhalb 3.000 m, kommt man gut voran. Allenfalls können der Gletscherbach und große Gletscherspalten aufhalten.
Der längste Eisstrom der Alpen - Aletschgletscher mit Konkordiaplatz, Lötschenlücke (Hollandiahütte). Links über dem Gletscher in Wolken, das Aletschhorn.
Von der Grünhornlücke sieht man die Route am Finsteraarhorn bestens. Programm für den kommenden Tag.
Zweit längster Eisstrom der Alpen - Fieschergletscher.
Ankunft auf der Finsteraarhornhütte.
Die Finsteraarhornhütte - ein Juwel von einem Stützpunkt.
Grünhornlücke (links) und Groß Grünhorn nach einem abendlichen Gewitter.
Tag 4: Finsteraarhornhütte - Finsteraarhorn - Finsteraarhornhütte
Gipfeltour zur höchsten Erhebung der Berner Alpen. Das Finsteraarhorn ist verhältnismäßig einfach und sicher zu besteigen. Ein markierter Zustiegsweg führt direkt vom Brunnen an der Hütte steil bergwärts, bis auf eine Seehöhe von ca. 3.340 m - dem Beginn des Gletschergeländes. Unter Umständen bildet der erste Gletscheraufschwung ein Kriterium. Bei Blankeis ist darauf zu achten, dass man sich nicht zu weit links hält und somit in Absturzgelände gerät. Ein direkter Aufstieg ist zu bevorzugen, teilweise sind große Gletscherspalten zu überwinden.
Am soganannten "Frühstücksplatz" (P.3617) erfolgt der Übergang auf einen weiteren namenlosen Gletscherhang unterhalb des Finsteraarhorn. In der Querung im Firn/Eis oberhalb eines Bergschrunds, unmittelbar nach dem Frühstücksplatz bedarf es unter Umständen einer Sicherung mittels Eisschrauben. Der weitere Anstieg zum Hugisattel (4.088 m) verläuft in der Regel problemlos.
Der felsige NW-Grat (UIAA II) zum Gipfel ist bei trockenen Verhältnissen genussreich. Meist direkt am Grat, teilweise rechts davon, gelangt man höher. Mobile Sicherungen lassen sich bei Bedarf überall anbringen. Von Steigeisen abgewetzter, gräulicher Fels weist den Weg. Ist der Grat vereist (beispielsweise nach nächtlichem Regen oder nach Schlechtwetterphasen) kann der Grat anspruchsvoll sein.
Der Abstieg erfolgt über die selbe Route.
Aufbruch an der Finsteraarhornhütte um 04.30 Uhr.
Am Beginn des Gletschers vor dem Frühstücksplatz.
Blankeis in moderatem Gelände.
Abschnitt vom Frühstücksplatz zum Hugisattel.
Ca. 200 Höhenmeter unterhalb des Hugisattel. Kurzes oder Langes Seil? Auch dieser Teil des Gletschers hat Spalten.
Am Hugisattel.
Die Kletterei ist spektakulär jedoch nicht schwierig.
Höchster Punkt der Berner Alpen.
Blick Richtung Osten, über den Finsteraargletscher zu Oberaarsee und Grimselpass.
Tag 5: Finsteraarhornhütte - Oberaarjoch - Oberaarjochhütte / + Oberaarhorn
Schöner und verhältnismäßig einfacher Gletscherübergang. Von der Hütte am Zustiegsweg abwärts zum Fieschergletscher. Im Bereich dessen linker Begrenzung Richtung Südosten bis unterhalb des Rotloch auf ca. 2.700 m Seehöhe. Hier erfolgt der Übergang auf den Galmigletscher. Rechts einer Felsinsel (Stand 7/2017) aufwärts bis knapp an die Felsen des W-Grats des Oberaarrothorn. Am Studergletscher etwa einen Kilometer Richtung Norden und nach Passieren einiger Felsen rechterhand nach Osten zum Oberaarjoch (3.208 m). Die Oberaarjochhütte (3.256 m) liegt links oberhalb des Jochs und ist über Fixseile und eine Leiter erreichbar.
Der Aufstieg zum Gipfel des Oberaarhorn (3.630 m) ist kurz und einfach und kann auch noch abends gemacht werden. Im unteren Teil Fels (UIAA I, Markierungen), oben Firn. Die Route ist gletscherfrei. Steigeisen sind besonders beim Abstieg hilfreich.
Die Oberaarhornhütte bietet Platz für maximal 40 Personen und ist der Kategorie "klein aber fein" zuzuordnen. Das österreichische Hüttenteam (Stand 7/2017) wirkt wenig motiviert.
Spuren von Militärübungen. Wir fordern da Säuberungskommando.
Am Übergang vom Fischergletscher auf den Galmigletscher.
Blick von der Oberaarjochhütte hinab auf's Oberaarjoch.
Trocknen der Ausrüstung nach zweistündigem Marsch im Regen.
Aufstieg nachmittags auf den Gipfel des Oberaarhorn.
Am Oberaarhorn.
Abendstimmung auf der Oberaarjochhütte.
Die Oberaarjochhütte ist klein und bietet Platz für 40 Personen (auf engem Raum).
Tag 6: Oberaarjochhütte - Oberaarsee - Berghaus Oberaar / Transfer zurück nach Grindelwald
Landschaftlich reizvoller Abstieg vom Gletschergelände ins Grüne. Vom Oberaarjoch ostwärts, den Oberaargletscher hinab bis ins Gletschervorfeld. Kurz vor Ende des Gletschers (Stand 7/2017) links auf einen mit Steinmännchen markierten Steig. Dem Steig folgend über dem Nordufer des Oberaarsees zum Parkplatz an der Staumauer.
Nach fünf Tagen im vergletscherten Hochgebirge freut sich das Auge über den ersten grünen Busch, Gräser und Blumen sowie über den ersten kleinen Gebirgsbach mit klarem Wasser ganz besonders. Während des Wartens auf den Taxidienst kann der Abstiegsweg und die faszinierende Felslandschaft über dem Grimselsee betrachtet werden.
Der Transfer mit Taxi und Öffentlichen Verkehrsmitteln zurück nach Grindelwald dauert ca. 2,5 Stunden.
Aus der Wolke in den Sonnenschein. Abstieg am Oberaargletscher Richtung Oberaarsee.
In den Morgenstunden glänzt der See golden. Der Abstieg bis zur Staumauer am Oberaarsee dauert ca. 3 Stunden.
Über Gletscherschliffe erfolgt er Übergang in eine neue Vegetationsstufe.
Grün ist plötzlich grüner. Die letzten Meter am sechten Tag im Abstieg zum Oberaarsee.
Logistik:
Für den Rücktransfer nach Grindelwald bietet sich folgende Verbindung an:
- Mit dem Grimseltaxi vom Oberaarsee zur Postbus Haltestelle am Grimselpass
- Per Bus (Linie 161) nach Meiringen/Bahnhof
- Mit dem Regionalzug ab Gleis 2 nach Interlaken Ost
- Mit dem Regionalzug ab Gleis 2B nach Grindelwald
- In ca. zehn Minuten erreicht man zu Fuss den Bahnhof/Parkplatz in Grindelwald Grund
Kontakte und Wissenswertes:
Fahrplan Jungfraubahn
Mönchsjochhütte
Finsteraarhornhütte
Oberaarjochhütte
Taxidienst für den Transport vom Oberaarsee zum Grimselpass
Die Parkgebühr am Bahnhof in Grindelwald Grund kostet für sechs Tage SFr 34,50.
Meist hat man im Tourengebiet keinen Handyempfang. Das Absetzen eines Notrufs ist somit nicht jederzeit möglich.
Downloads:
GPS-Track (Garmin)
GPS-Track (Google Earth)
Hinweis: Stand 7/2017, aufgrund der Veränderung auf Gletschern nur ein Anhaltspunkt
Ausrüstungstipps:
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BLACK DIAMOND Distance Carbon Z Trekking Poles, nicht nur Gehhilfe - auch zum Stochern am Spaltenrand, findet auch im Rucksack Platz
BEAL Opera 8,5mm UNICORE, mit Golden Dry Imprägnierung, leichtes Einfachseil für sämtliche Manöver am Berg
Organisation & Begleitung:
Wir organisieren diese Tour auf Anfrage im Stil einer Privatführung. Dabei sind Gipfelziele und Routenführung wählbar und den Verhältnissen anzupassen. Bitte kontaktieren Sie uns bei Interesse.
Text: Matthias Knaus
Bilder: ZEIT FÜR DRAUSSEN